Als Mutter aller Nixen könnte man die AX1 bezeichnen, die ein paar Monate vor der NX250 im November 1987 in Japan vorgestellt wurde. Anders als in Deutschland ist dort die 250er Klasse aufgrund der Führerscheinregelungen sehr wichtig, daher wurde bei der AX1 an nichts gespart, was gut und teuer war: wassergekühlter DOHC Motor, Aluschwinge, Scheibenbremse hinten, Edelstahlkrümmer und 29 PS!

Aufgrund des hohen Fertigungspreises war die AX1 exklusiv für den japanischen Markt bestimmt, von Anfang an war jedoch eine Version mit etwas weniger wertigen Komponenten für den Rest der Welt vorgesehen: die NX250. Umgerechnet kostete die AX1 in Japan damals schon 4300€ (!) - die ersten NX250 wurden wenig später in D für knapp 3000€ angeboten. Intern wurden AX1 und NX250 als MD21 bezeichnet, was die enge Verwandtschaft verdeutlicht (und hilfreich ist, wenn man eine AX1 in D zulassen will). Die AX1 wurde dann in rauen Mengen an japanische Studenten verkauft. Da diese nach ein paar Jahren meist auf die nächste Führerscheinklasse umstiegen, gab es bald tausende AX1 mit wenig km auf dem japanischen Gebrauchtmarkt. In den Neunzigern kauften dann private Importeure containerweise AX1 und brachten sie in verschiedene Länder, in denen ein Bedarf an preisgünstiger, aber zuverlässiger Motorisierung bestand, z.B. Sri Lanka, Russland, Griechenland aber auch England.

Nach D kamen die AX1 Container nie - doch 2010 wurde eine (die einzige mir bekannte) ganz in meiner Nähe zum Verkauf angeboten. In einem Anfall von geistiger Umnachtung dachte ich damals, ich bräuchte eine G650X und habe die AX1 nicht mal angeschaut ...). Bis dann bei Ebay UK diese wüste Bastelbude auftauchte. Eigentlich das perfekte Beispiel eines aufgebenen Projektes, von dem man die Finger lassen sollte, aber wer eine AX1 haben will, darf eben nicht wählerisch sein.

Schon auf den Bildern fielen die fehlenden Schutzbleche/Motorschutz/ Auspuff etc. und die stümperhafte Umlackierung auf, als sie gestern ankam, kamen bei einer ersten Begutachtung noch weitere Sachen zum Vorschein, z.B. Hebel und Schalter von anderen Hondas, Sitzbankschloss abgeflext, Lenkopfanschlag an der Gabelbrücke abgebrochen - was einem Motorrad halt so passiert, wenn es über 25 Jahre von verschiedenen Besitzern am Laufen gehalten wird. So ist natürlich eine komplette Restaurierung fällig, immerhin kann ich dann wenigstens meiner AX1 die Farbe geben, die mir am besten gefällt: trad blue metallic mit silbernen Rahmen (siehe Bild oben). Denn laut Motornummer müsste es sich bei mir um eine 1989er mit weißem Rahmen und felgen handeln , was mir aber nicht gefällt.

 

Nach Abnahme der Verkleidung und Seitendeckel gähnte mir erst mal ein riesen Loch entgegen, wo eigentlich das Luftfiltergehäuse hätte sein müssen. Der Vorbesitzer hatte es kurzerhand eingeschnitten, um Platz für einen konischen Luftfilter zu bekommen.

Die Verlegung des Kupplungszugs zeigt, dass der letzte Vorbesitzer nicht wirklich Ahnung von der AX1 hatte ;-). Der Supertrappauspuff ist aber sauber an den Krümmer angepasst worden und dürfte einen Supersound haben. Da ich aber keine Chancen auf eine TÜV-zulassung sehe, steht der Supertrapp hiermit zum Verkauf (passt auch an alle NX250).

Hier sieht man den Flachschiebervergaser – auch dieser ist sauber mit Adapter angepasst worden. Das muss mal – zusammen mit dem Supertrapp- professionell gemacht worden sein und dürfte richtig teuer gewesen sein, die Flachschieber für die AX1/NX250 kosten in Japan mehrere 100 €. Auch beim Flachschieber dürfte es keine Chance auf eine Zulassung geben, daher steht auch er zum Verkauf. Auf dem Bild noch zusehen ein Federbein mit Gewindemuttern zum Vorspannen der Feder – also war die AX1 auch in diesem Punkt besser ausgestattet. Die Bremssättel waren im befürchtet schlechten Zustand. Schon montiert fielen die haltlos hin und her schlackernden Bremsbeläge auf - der Vorbesitzer hatte kurzerhand auf die Spannbleche in den Zangen verzichtet. Fast logisch, das die Bremsstifte sich nicht mehr lösen ließen und deren Schrauben schön rundgedreht waren. Da die Sättel auch noch grob überpinselt waren, wanderten beide Bremssättel kurz entschlossen in die Teilekiste. In Japan habe ich schließlich Ersatz gefunden.

Nachdem ich monatelang rumgetrödelt habe (allerdings auch auf Ersatzteile aus Holland, Griechenland, England, China und Japan gewartet habe) - habe ich die Ankunft des (vor-) letzten Ersatzteilpakets zum Anlass genommen, die AX1 im Oktober 2013 zum TÜV anzumelden. Um mich selbst etwas unter Druck zu setzten, sonst geht ja eh nix ;-). Die originale AX1 Verkleidung war leider nicht mehr zu retten (jedenfalls nicht mit halbwegs vertretbarem Aufwand). Recht ordentlich Nachbauten der AX1 Verkleidung waren aber in China aufzutreiben - nur die Angüsse für die Schrauben der Lüftungsgitter fehlten. War deswegen kurz versucht, Alu-Renngitter zu verbauen ... aber es sollte ja original sein, darum hab ich mit Klecksen aus GFK die Angüsse nachgebildet. Außerdem würde es mit den Alu-renngittern nach Umbau ausschauen, dabei sieht sie mit den Klarglasscheinwerfern aus dem Zubehör sowieso schon verdächtig nach Möchtegernstreetfighter Umbau einer NX250 aus ;-).

Den Endtopf habe ich mir aus Japan geholt, ist sehr gut erhalten, so das ich ihn nur mit Fertan behandelt habe. Da die AX nicht bei schlechten Wetter gefahren werden wird, reicht das hoffentlich um den Gammel zu stoppen.

Bei CMS gab es erstaunlich viele AX1 spezifische Teile z.B. die kleineren (und eleganteren) Blinker und ganz wichtig: den Kettenschleifer

Aus der teileliste wusste ich, das die AX1 einen goldenen Lenker hatte, ich machte mir da zwar wenig Hoffnungen, aber mit Hilfe des AX1 Ersatzteilkatalogs habe ich bei CMS nachgeschaut und voila‘: sie hatten tatsächlich einen auf Lager, und mit 50€ nicht mal teuer. Den Gabelstabi der NX250 hatte die AX1 zwar nicht, macht aber Sinn - während Griffe und Lenkerkappen nur den Zweck der Originalität erfüllen. Und sogar die einteilige Tachoverkleidung der AX1 gab es bei CMS.

Nach kleineren Problemen mit dem Vergaser und Inkontinenzen des Thermostats funktioniert nun alles wie es soll und die AX1 war fahrbereit. Ziel war es, die AX1 so originalgetreu wie möglich zu restaurieren, Ausnahmen wurden nur gemacht, wenn sich partout kein Original-Ersatzteil auftreiben ließ. Einer dieser wenigen Fälle sind die Faltenbälge, die eigentlich dunkel-blau sein sollten, aber nicht mal mehr in Japan für Geld und gute Worte aufzutreiben waren. Da die AX1 keinen Dreck sehen wird habe ich Straßenreifen montiert, in den Dimensionen 3.25-19 und 120/80-16 - weil das die noch relativ gängigen Reifengrößen sind. Hier ist der Conti Go! moniert, der sehr gut sein soll - und der Hinterreifen kostet gerade mal 37€!

Übrigens musste ich fast jedes Teil außer dem Rahmen, dem Vorderrad, der oberen Gabelbrücke, eine paar Kleinteilen und den Standrohren (und die werden auch noch getauscht, wenn ich mal bessere finde) ersetzen - so stammt z.B. die Sitzbank und der Tank (im originalen Lack) von einer US-Nixe, der Auspuff/Schwinge/Bremsanlage v + h wurden aus Japan beschafft und Schutzblech/Seitendeckel und einiges mehr von der NX250.

Eine Aluschwinge an einer MD21 - was für ein Anblick! Der Aluschalthebel ist übrigens das einzige nicht-originale (genauer nicht original aussehende ;-)) Teil. Der Rahmen wird noch silber-metallic lackiert, wie es sich für eine Nixe pardon AX1 gehört - vorher muss ich aber noch einen Schlachtrahmen finden, der mir das Formteil für den Sicherungshalter liefert, den ein Grobian einfach vom AX1 Rahmen abgeflext hat. Und die Räder werden noch die polierten Felgenränder bekommen. Der AX1 Motor war leider nicht mehr zu retten, Pleuellager gefressen, Steuerkette übergesprungen wegen Montagefehlers des Vorbesitzers, Schaltwelle rundgedreht, Getriebeabtriebswelle ruiniert - mir kam es fast so vor, als hätte da jemand den Ehrgeiz gehabt, jedes einzelne Teil der AX1 zu demolieren. Weil nichts anderes greifbar war, habe ich einen MD25 Motor eingebaut. Aber vielleicht gar nicht so schlecht, die verstärkten Kurbelwellenlager bieten mehr Reserven für Tuning, außerdem hat dieser 1991er Motor noch die MD21 Nockenwellen mit mehr Hub. So das ein 249ccm Zylinder reicht, um ihn auf MD21 Niveau (und hoffentlich ein bisschen mehr) zu bringen.

 

Das Lenkradschloss ist wie bei den US-nixen angebracht - und güldener Lenker war tatsächlich Serie bei der AX1. Natürlich mussten auch wieder originale Kabelbinder dran. Die vorderen Blinkerhalter sind von Honda suboptimal gestaltet, nicht am Scheinwerferträger, sondern an Metallwinkel direkt an die Verkleidung geschraubt - da gibt es schon bei kleineren Umfallern teuren Bruch. Der Tacho, obwohl mit Gehäusebruch, funktioniert zum Glück noch, die NX Tachos haben andere Aufhängungspunkte. Es sieht aber so aus, als wenn die vorderste Ziffer hängt, wenn ich mal in Japan oder Griechenland einen Ersatz finde, tausche ich da auch noch aus. Griechenland? Ein griechischer Ebay-Händler bietet ab und zu AX1 Teile an. Leider ist er von der Sorte, der vorher noch eine Verkaufs-lackierung aufnebelt, bei dem die gezeigten Bilder nicht unbedingt das gelieferte Teil zeigen und bei dem "good condition" anscheinend Bruch, fehlende Bruchstücke und dilettantische Reparaturversuche bedeuten. Und nicht zu vergessen die Verkaufslackierung ... eine vom ihm gelieferte AX1 Verkleidung war kaum besser erhalten als meine eigene, so das ich schließlich einen Verkleidungsnachbau aus China bestellt habe - passgenau und zu einem Spottpreis. So könnte man sich auch theoretisch aus einer NX250 eine AX1 Replica bauen. Aufkleber einer 1994er AX1 fanden sich auch im Netz, aber von miserabler Qualität – schon nach wenigen Wochen blätterte die Farbe einfach ab.  Zum Glück gibt es bei CMS tatsächlich noch originale Aufkleber.

Spannend wurde es dann beim TÜV. Ich habe zwar nicht alles bekommen, was ich wollte - aber alles, was ich brauchte. Mit den ultrakurzen hinteren Blinkerarmen bin ich nicht durchgekommen - sie müssen hinten noch mind. 18 cm auseinander. Nach EU recht - damit kann ich leben, nach STVZO wären es 24 cm gewesen. So reichen ca. 3 cm lange Adapter. Auf dem Bild sind übrigens die Gepäckträgerhalter der NX250 montiert, erkennbar an den Blinker"ohren" - diese kommen natürlich noch weg und wurden nur für den TÜV drangelassen - um notfalls gleich längere Blinker zu montieren.

 

Ein massives Problem gab es dann aber mit der Abgasnorm - erfreulicherweise wurde zwar meinem Antrag stattgegeben, das Baujahr 1989 als Erstzulassung einzutragen (anstelle der UK EZ 1994) - was aber in diesem Punkt nicht weitergeholfen hat. Denn wie es sich herausstellte, hatte nur die 1988er NX250 eine "reguläre" Zulassung, weil da noch keine Abgasnorm nötig war. Die 1989er (die eigentlich schon eine Abgasnorm benötigt hätten) wurden mit einer Übergangsregelung ohne Abgasnorm zugelassen. Diese Übergangsregelung hätte ich nun auch bei der AX1 beantragen können, was aber von irgendeiner übergeordneten Behörde hätte abgesegnet werden müssen. Was vermutlich viel Zeit und Geld gekostet hätte. Die Lösung brachte schließlich der eingebaute MD25 Motor - denn für den gibt es die Abgasprüfung. Nun ist der MD25 Motor eingetragen, was ich zwar verhindern wollte, aber in Anbetracht des drehfreudigen Motors zu verschmerzen ist. Und ob der AX1 MD21 Motor wieder zu reanimieren ist, ist sowieso fraglich. Aber da fragt man sich schon, wozu das ganze mit EU-Zulassung usw. wenn ein Motorrad, das bereits 15 Jahre in der EU zugelassen war, so nicht in Deutschland zulassungsfähig ist. Der Rest war denn Routine - Reifengrößen waren kein Problem, außerdem wurden die Gußräder/Aluschwinge eingetragen, damit spätere Prüfer diese nicht monieren. Außerdem hatte ich mit dieser Eintragung noch einen Hintergedanken: da nun Scheibenbremse und Aluschwinge an einer MD21 dokumentiert sind, sollte es kein Problem sein, diese Teile an einer NX250 eingetragen zu bekommen. Da ich alles auf Lager habe, wird das bestimmt eins meiner nächsten Projekte sein; eine AX1 Replica. Dann aber nicht original, sondern eher im Motard Stil mit 17er Felgen. Nach der Zahlung von 130 (!) €, aber nicht unzufrieden, ging es dann noch zur letzten Hürde, zur Zulassungsstelle. Aber auch hier gab es keine Probleme mehr, weder wurde versucht (wie bei früheren Anlässen) mir eine Reifenbindung einzutragen noch wurde die EZ 1989 moniert. Als kleines Bonbon gab es ein Nummernschild mit nur drei Stellen (AX1) - dabei müssten die doch m.W. vierstellig sein. Bevor es noch jemand auffallen konnte, habe ich schnell die 50€ bezahlt und mich aus dem Staub gemacht ;-). Auf den ersten Ausfahrten hat dann alles funktioniert, und dank Alu-deckel am Vergaser (dank noch an Kattar Lemur) auch ruckelfrei - und ich war überrascht über die Leistungsbereitschaft des MD25 Motors. Dreht mühelos über 9.500 U/min (dank der MD21 Nockenwellen) und beschleunigt daher ähnlich zügig wie eine gut gehende MD21. Nur oberhalb 120km/h merkt man dann doch die fehlenden PS, was aber zu verschmerzen ist.

Fazit: das mache ich nie nie nie wieder ;-). Mein Ersatzteillager samt Kontostand ist auf einem bedrohlichen Allzeittief. Trotzdem hat es Riesenspass gemacht und die AX1 gefällt mir einfach umwerfend gut. Aber beim nächsten Mal werde ich um eine solche Bastelbude einen großen Bogen machen. Damit ist meine kleine Sammlung von Motorrädern mit MD21 Motor komplett (auch wenn die eine nun einen MD25 Motor hat). 

Reizen würde mich vielleicht höchstens noch eine MD25 der ersten Baureihe (die mit dem Dreiecksmustern), aber nur in den Sonderfarben rot oder violett, die es nur im Ausland gab. Und auch nur, wenn komplett und original und gut erhalten ;-)

 

 

 

 

 

 

 

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